Spielplätze: wichtiges Thema, ideenlose Politik

28. Aug 2018

Daniela von Treuenfels
Spielplätze: wichtiges Thema, ideenlose Politik

Gut gemeint, schlecht gemacht. Die kleine Broschüre „Die besten Spielplätze in Steglitz-Zehlendorf“ gehört in diese Kategorie. Normalerweise wäre das keiner Erwähnung wert. Das faszinierende ist hier: die Publikation der Bezirks-SPD ist herausragend unbrauchbar.

Eigentlich ist alles gesagt. Die Spielplätze der Stadt sind gesamt gesehen so lala, viele sind kaputt – einen aktuellen Überblick liefert eine parlamentarische Anfrage der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Demnach gibt es in Berlin 1.839 öffentliche Spielplätze, für jeden Einwohner durchschnittlich rund 60 Quadratzentimeter. Zu wenig, nach dem Berliner Spielplatzgesetz soll (nicht muss) es ein Quadratmeter pro Einwohner sein. Als „vollständig intakt“ bewerten die Bezirke weniger als die Hälfte von ihnen, es sind insgesamt 842. Die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen: So gibt beispielsweise der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf an, bei seinen Spielplätzen sei im Prinzip alles okay. Nach dem konkreten Sanierungsbedarf gefragt, nennt das Bezirksamt jedoch die hohe Summe von 7,2 Millionen Euro.

31 Berliner Spielplätze sind ganz oder teilweise gesperrt, allein in Pankow gibt es 13 solcher Flächen. Steglitz-Zehlendorf meldete für diese Abfrage 4 teilweise gesperrte Plätze.

Ansonsten gibt es interessante Parallelen zum Schulbereich: Die Sanierungsbedarfe sind groß, aber von Bezirk zu Bezirk sehr unterschiedlich. Die einen geben Finanzierungslücken in Millionenhöhe an, die anderen scheinen ausreichend Mittel zur Verfügung zu haben. Wie auch immer: der Zustand der Spielplätze ist offenbar auch eine Frage der Prioritäten der jeweiligen Bezirke.

Das ist auch dem Bericht der Bildungsverwaltung zu entnehmen, der dem Abgeordnetenhaus jedes Jahr vorgelegt wird. Im Einzelnen wird beschrieben, wie die 20 Millionen Euro des „Kita- und Spielplatzsanierungsprogramms“ (KSSP) verwendet werden. Die einen investieren schwerpunktmäßig in Kita, die anderen eher in Spielplätze. Durchschnittlich wird das Geld zu rund 60 % für Kitas ausgegeben, 40 % für Spielplätze. Zu wenig, findet die Landespolitik: Die Summe für Spielplätze soll nach dem Wunsch des Abgeordnetenhauses steigen; für 2018 und 2019 stehen zusätzlich zweckgebunden 6 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.

Dschungel-Spielplatz im Steglitzer Bäke-Park

Steglitz-Zehlendorf gehört zu den Bezirken, in denen die Spielplätze besonders wenig bedacht werden. 28% der Gesamtsumme aus dem KSSP flossen in Bau oder Sanierung. Darunter liegt nur Reinickendorf mit 23%, der Bezirk gibt allerdings an, bei seinen 85 Spielplätzen keinen größeren Sanierungsbedarf zu haben.
Eine weitere parlamentarische Anfrage, ebenfalls aus dem Frühjahr 2018, ergänzt Informationen zur Art und Weise, wie die Bezirke ihre Spielplätze jeweils planen und instandhalten. „Wie haben sich die Ausgaben für Sanierung und Neubau von Spielplätzen (aufgeschlüsselt nach Bezirken und Finanzierungsquellen) seit 2011 entwickelt?“, fragten Abgeordnete der SPD. Eine spannende Frage, die Aufschluss darüber geben könnte, ob die Bezirke seit der Einführung des Spielplatzsanierungsprogramms 2014 ihre eigenen Investitionen in diesem Bereich zurückfahren. Dass die Bezirke konkrete Angaben vermeiden, mag ein Hinweis sein, dass genau das der Fall ist. Die Zahlen aus Mitte (der einzige Bezirk, der diesen „Fehler“ macht) sprechen jedenfalls dafür: Für die „Grünunterhaltung“ gab das Bezirksamt 2011 450.000 Euro aus, 2017 waren es nur noch 310.000 Euro.

In der gleichen Antwort verneint die zuständige Umweltverwaltung die Frage nach einheitlichen Vorgaben für die Planung von Spielplätzen. Es gibt zwar das Kinderspielplatzgesetz und seine Regelungen zur Verkehrssicherheit. Ansonsten agiert jeder Bezirk anders. Wann und wo saniert wird, entscheidet sich nach Bedarf und personellen Kapazitäten, eine Planung ist kaum vorhanden. Die Zahl der Mitarbeiter unterscheidet sich stark von Bezirk zu Bezirk: Nach deren Angaben variiert sie von 1,5 bis drei Stellen, mitunter sind bis zu 6 Menschen, die darüberhinaus andere Aufgaben haben, mit den Spielplätzen beschäftigt.
Spielplatzkommmissionen spielen an dieser Stelle nur eine untergeordnete Rolle. Dabei gibt es diese beratenden Gremien in jedem Bezirk. Sie sind, wen wundert’s, unterschiedlich aufgestellt. In Mitte gibt es sie erst seit 2017, Tempelhof-Schöneberg gibt (In einer parlamentarischen Anfrage… aus dem Frühjahr 2018…) zu Protokoll, „seit jeher“ eine Spielplatzkommission zu haben. Das Gremium ist in der Regel besetzt mit dem zuständigen Stadtrat, Verwaltungsmitarbeitern, Bezirkspolitikern. Mitunter kommen Vertreter der Elterngremien, des Kinder- und Jugendparlaments oder anderer Gruppen dazu.

Die Südwest-SPD ignoriert in ihrer Broschüre – aus dem Sommer 2018 – dieses aktuelle Wissen beharrlich. Sogar die Steilvorlage zur Verteilung der Mittel aus dem KSSP nutzen die Bezirkspolitiker nicht. Warum fließt das Geld in die Kitas und nicht in die maroden Spielplätze? Warum ist der Bezirk hier Schlusslicht? Fragen, die nicht gestellt werden – der Ball bleibt liegen. Und wie sieht es aus mit den Haushaltsmitteln? Wird noch mindestens genauso viel in Spielplätze investiert wie 2011? Oder weniger?

Dabei ist der politische Gegner der Adressat: „Die Zählgemeinschaft aus CDU und Grünen muss dringend renovieren und modernisieren“, dieser Satz findet sich in Varianten an unterschiedlichen Stellen. Wer irrtümlich meint, die SPD wolle mit einer Art Wegweiser durch die Spielplatzlandschaft des Bezirks führen, dem wird schon auf Seite 3 jede Illusion genommen: Das Ziel seien sichere und kreative Spielplätze. „Wenn wir dieses Ziel erreicht haben, wird eine solche Broschüre nicht mehr nötig sein.“

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Raupe Nimmersatt im Schlosspark Lichterfelde

Parteipolitik im Gewand des Bürgerfreundes: „Die besten Spielplätze“ kommt zunächst als freundlicher Service für Eltern daher. Denen präsentieren die Experten der bezirklichen Sozialdemokratie die „Top 10 Spielplätze“. Vollkommen unironisch kommen nicht etwa Kinder oder Anwohner, sondern ausschließlich Mandatsträger zu Wort: Stadträte, Bezirksverordnete und sogar der Finanzsenator. Matthias Kollatz kommentiert Platz 3, den Dschungelspielplatz im Bäkepark: „Auf diesem Spielplatz ist der Kontakt zur Natur auf hervorragender Weise dargestellt“. Einer der besten SPD-Politiker kommt hier hölzern und sprachlich unbeholfen rüber – man fragt sich, ob der Senator jemals auch nur in der Nähe des Spielplatzes war.

Wer macht so etwas? Für weitere Informationen verweisen die Autoren auf die Seite www.spd-wuk.de/spielplaetze. Hier finden sich die Seiten der SPD Steglitz-Zehlendorf für den „Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern“. Eine Art Kommunikationsplattform jenseits von Wahlkämpfen, im Prinzip eine sehr sympathische Idee. Die 25 Ehrenamtlichen nennen sich, ebenfalls frei von jeder Ironie, „AG Werbung und Kampagne“, kurz WUK. Politikkommunikation, sagen sie, ist ihr Thema. Die Aufgabe von politischer PR ist grundsätzlich, eine einzige Botschaft an den Mann und an die Frau zu bringen: „Wir sind die Geilsten hier. Und wir haben einen Plan.“

„Geil“ wäre zum Beispiel, wenn auf der Webseite der WUK weitere Informationen zum Thema Spielplätze zu finden wären zu den politischen Initiativen der BVV-Fraktion, die in der Broschüre mehrfach angesprochen werden. Gibt es aber nicht. Der Einsatz der Bezirks-SPD für gute Spielplätze, er bleibt im Ungefähren.
Geil, besonders für junge technikaffine Eltern, wären auch Zusatzfunktionen auf der Webseite. Eine interaktive Karte mit weiteren Informationen, Standortdaten und Routenplaner beispielsweise. Leider gibt es nichts dergleichen, Interessierte können bestenfalls das Internet ausdrucken – die Broschüre gibt es im pdf-Format zum herunterladen.

Einen Plan – gibt es nicht. Ein Plan, das wäre eine Idee, entwickelt aus Daten, Partizipation und eigenen Werten. Das Anliegen der „AG WUK“ ist zwar, „politische Arbeit für alle verständlich und interessant zu machen und Unterstützung für unsere sozialdemokratischen Werte zu gewinnen“. Leider vergisst das Team, diese Werte zu erwähnen. Daten scheinen einen untergeordnete Rolle zu spielen, siehe oben. Und es gibt diese Spielplatz-Broschüre, in der Kinder und Anwohner nicht zu Wort kommen.

Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität. Ein im Vergleich mäßig wachsender Bezirk mit viel Grün und vergleichsweise vielen älteren Menschen. Mit Kindern, die Ideen für gute Spielplätze haben. Kann es so etwas wie einen „sozialdemokratischen Spielplatz für Steglitz-Zehlendorf“ geben? Wenn es Vorschläge dazu gibt, hat sie noch niemand aufgeschrieben.


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