03. Dez 2019
Lesen ist okay, Mathe und Naturwissenschaften bringen schlechtere Ergebnisse. Die soziale Schere geht weiter auseinander. Das sind, zusammengefasst, die insgesamt bescheidenen Resultate der aktuellen PISA-Studie, die Anfang Dezember in Berlin vorgestellt wurde.
Bei der siebten Studie des „Programme for International Student Assessment (PISA)“ wurden im Frühjahr 2018 in Deutschland die Kompetenzen von rund 5.500 15-jährigen Schülerinnen und Schülern an rund 220 Schulen aller Schularten getestet. Befragt wurden außerdem Lehrkräfte und Eltern. Weltweit nahmen rund 600.000 15-Jährige in 79 Ländern teil, darunter die 37 Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die die Studie koordiniert.
Die repräsentative PISA-Studie untersucht alle drei Jahre, wie gut Jugendliche zum Ende ihrer Pflichtschulzeit grundlegende Kompetenzen in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften in alltäglichen Situationen anwenden können. Dieses Mal lag der Schwerpunkt auf der Lesekompetenz. Sie umfasst die Fähigkeit, Texte zu verstehen, zu nutzen, zu bewerten und über sie zu reflektieren. Erstmals getestet wurden die Fähigkeiten, Informationen durch das Navigieren auf Webseiten zu gewinnen, sowie die Glaubwürdigkeit von Texten zu beurteilen und widersprüchliche Informationen mehrerer Textquellen gegeneinander abzuwägen.
Die getesteten
Schüler haben beim Leseverständnis und der Mathematik leicht besser
abgeschnitten als der OECD-Durchschnitt, bei den Naturwissenschaften
sogar deutlich besser. Insbesondere in der Mathematik und den
Naturwissenschaften verschlechterten sich jedoch die Ergebnisse
gegenüber früheren PISA-Erhebungen. Die Leistungen in Mathematik und
Naturwissenschaften waren 2018 signifikant schlechter als 2012.
Insgesamt bleibt der Abstand zu den Spitzenreitern in Asien und Europa
groß.
Trotz ihres insgesamt überdurchschnittlichen Abschneidens
liegen die Schülerinnen und Schüler in Deutschland weit hinter den
Spitzenreitern – vier chinesischen Provinzen und Singapur – zurück und
auch der Abstand zu einigen OECD-Partnern ist groß. So hatte hierzulande
etwa jeder fünfte und im OECD-Durchschnitt etwa jeder vierte Teilnehmer
Schwierigkeiten, selbst grundlegende Anforderungen an das
Leseverständnis zu bewältigen. Bei den asiatischen oder europäischen
Spitzenreitern, darunter Estland und Finnland, waren dies nur zehn bis
15 Prozent der teilnehmenden Schüler.
Die Leistungsunterschiede von benachteiligten Schülern und Jugendlichen aus eher privilegierten Familien haben sich verstärkt. Die privilegiertesten 25 Prozent der Schülerinnen und Schüler haben beim Lesen einen Leistungsvorsprung von 113 Punkten gegenüber den am stärksten benachteiligten 25 Prozent. Im Jahr 2009 war dieser Abstand mit 104 Punkten deutlich geringer. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 89 Punkten. Unter den begünstigten Kindern zählen 28 Prozent zu leistungsstarken Schülerinnen und Schülern, unter den benachteiligten Jugendlichen gilt dies nur für 3 Prozent.
Schulleiter in Deutschland klagen deutlich häufiger über eine mangelnde Ausstattung mit Personal und Sachmitteln als ihre Kolleginnen und Kollegen im OECD-Schnitt. Gleichzeitig sind sozioökonomisch benachteiligte Schulen stärker mit Personalmangel konfrontiert als sozioökonomisch begünstigte Schulen.
In allen Staaten, die an der PISA-Studie 2018 teilnahmen, erreichen Mädchen signifikant höhere Mittelwerte in der Lesekompetenz als Jungen. Bei separater Betrachtung der Lesekompetenz der Mädchen und Jungen zeigt sich eine Verschlechterung der Leseleistung im Vergleich zu PISA 2015. Der Anteil der besonders leseschwachen Jungen (unter Kompetenzstufe II) seit dem Jahr 2009 nicht verändert (24 % bei PISA 2018 und 2009), und es gibt somit weiterhin einen relativ hohen Anteil an Jungen, die nur über äußerst eingeschränkte Lesekompetenz verfügen. Im Vergleich zu PISA 2015 hat sich der Anteil der Jungen auf den untersten Kompetenzstufen 2018 sogar erhöht (19 % in 2015).
PISA
2018 hat auch das Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler und den
Zusammenhang mit ihren Leistungen untersucht. In fast allen untersuchten
Bildungssystemen zeigte sich, dass Versagensängste unter Schülerinnen
und Schülern besonders häufig dort verbreitet waren, wo die Leistungen
beim Leseverständnis besonders gut waren. In Deutschland und Belgien,
aber auch bei den europäischen Spitzenreitern Estland und Finnland
zeigte sich dieser Zusammenhang nicht. Hohes Leistungsniveau und hohes
Wohlbefinden schließen einander also nicht aus.
In Deutschland gaben
23 % der Schülerinnen und Schüler an, mindestens ein paar Mal pro Monat
von Mitschülern drangsaliert zu werden. Dies entspricht dem
OECD-Durchschnitt. Der Aussage, dass es eine gute Sache sei, Schülern zu
helfen, die sich nicht verteidigen können, stimmten aber 86 % der
Schülerinnen und Schüler in Deutschland „eher“ oder „völlig“ zu
(OECD-Durchschnitt: 88 %).
Im OECD-Durchschnitt hatten 21 % der
Schülerinnen und Schüler in den zwei Wochen vor dem PISA-Test einen
ganzen Schultag geschwänzt und 48 % der Schüler waren zu spät zur Schule
gekommen. In Deutschland war dies für 13 % bzw. 46 % der Schüler der
Fall.
Der Aussage, dass sie sich in der Schule einsam fühlen,
stimmten etwa 12 % der Schülerinnen und Schüler in Deutschland „eher“
oder „völlig“ zu (OECD-Durchschnitt: 16 %).
In
Deutschland (sowie im OECD-Durchschnitt) sind 67 % der Schülerinnen und
Schüler eigenen Angaben zufolge mit ihrem Leben zufrieden.
Etwa 92 %
der Schülerinnen und Schüler in Deutschland sind laut eigenen Angaben
manchmal oder immer glücklich. Etwa 4 % bezeichnen sich als immer
traurig. Der Aussage, dass sie in schwierigen Situationen in der Regel
eine Lösung finden, stimmten in Deutschland 84 % der Schülerinnen und
Schüler „eher“ oder „völlig“ zu (OECD-Durchschnitt: 84 %). In fast allen
Ländern und Volkswirtschaften, darunter auch Deutschland, sind die
Mädchen Eigenangaben zufolge in stärkerem Maße von Versagensängsten
betroffen als die Jungen, wobei der Unterschied unter den
leistungsstarken Schülerinnen und Schülern wesentlich größer war.
„Anlass für Alarm“, Interview mit den Bildungsforschern Kristina Reiss und Olaf Köller in der Zeit
Einblick in das Erfolgsgeheimnis Singapurs auf dem Deutschen Schulportal
Bildungspolitik - was Parteien, Organisationen, wissenschaftliche Einrichtungen zum Thema Schule und frühkindliche Bildung sagen.
Schule - Infos, Ideen, Akteure.
Darf das so sein? Warum geht das nicht? Wie ist das geregelt? Unsere Kolumnisten klären Schulrechtsfragen: Schulrechtsanwalt Andreas Jakubietz stellt Fallbeispiele aus seiner beruflichen Praxis vor. Die langjährigen Elternvertreter Constantin Saß und Ruby Mattig-Krone beantworten Elternfragen.
Kita: rund um Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung
Kindermedien: Apps und Webseiten für Kinder
Lernorte: Orte zum Lernen und Spaßhaben jenseits der Schule
Kostenlos, werbefrei und unabhängig.
Dein Beitrag ist wichtig, damit das so bleibt.
Unterstütze unsere Arbeit via PayPal.