21. Nov 2022
Wegen Überfüllung geschlossen: Wer an der Grundschule oder Oberschule der Wahl keinen Platz bekommt, muss nicht gleich aufgeben.
Ein spezielles Bildungsangebot, die bessere Erreichbarkeit der Schule oder die Aufrechterhaltung von Freundschaften – es gibt viele Gründe, weshalb Eltern den Besuch einer anderen als der zuständigen Grundschule oder weiterführenden Schule in Berlin wünschen.
Manchmal klappt das nicht im ersten Anlauf, und jedem Bürger und jeder Bürgerin steht es zu, eine Entscheidung eines Amtes überprüfen zu lassen. Wird ein Kind an der gewünschten Schule nicht angenommen, müssen Eltern diese Entscheidung nicht ohne Weiteres hinnehmen. Sie können sich gegen die Ablehnung im Wege des Widerspruchs bzw. einer Schulplatzklage wehren. Nicht in jedem Fall braucht es dazu zwingend einen Anwalt. Wichtig ist es aber, Fristen einzuhalten und bestimmte Formalien zu kennen. Sind dem Schulamt bzw. der Schule bei der Platzvergabe Fehler unterlaufen, sind die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs bzw. einer Klage besonders günstig.
Gegen einen ablehnenden Bescheid sollte grundsätzlich Widerspruch eingelegt werden. Dieser muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides, in der Regel also nach dessen Erhalt bei dem zuständigen Schulamt eingehen. Wer diese Frist versäumt, ist von der Überprüfung der Schulplatzvergabe ausgeschlossen. Das betroffene Kind muss dann grundsätzlich die Einzugsschule, d.h. diejenige Grundschule, in deren Einschulungsbereich es wohnt, bzw. eine andere als die gewünschte weiterführende Schule besuchen.
Der Widerspruch ist an keine besondere Form gebunden. Es ist lediglich zum Ausdruck zu bringen, dass die Ablehnung nicht hingenommen wird. Es bedarf darüber hinaus auch keiner besonderen Begründung des Widerspruchs. Allerdings wird sich das Schulamt mit einem unbegründeten Widerspruch nicht lange befassen und an der Ablehnung festhalten. Die Aufnahme an der gewünschten Grundschule oder weiterführenden Schule ließe sich dann nur noch im Rahmen einer Klage bzw. einer sogenannten „Schulplatzklage“ beim Verwaltungsgericht Berlin durchsetzen.
Aus diesem Grund sollte sich der Widerspruch nicht nur mit den im Ablehnungsbescheid genannten Gründen auseinandersetzen, sondern darüber hinaus hinreichend konkret dargelegt werden, aus welchen (weiteren) Gründen sich die Ablehnung als rechtswidrig erweist und der gewünschte Schulplatz zur Verfügung zu stellen ist.
Die Verfahren um Aufnahme in die gewünschte Grundschule oder weiterführende Schule sind vielschichtig. Fehler sind nicht selten, eine Ablehnung erweist sich daher häufig als rechtswidrig. Fehler dieser Art lassen sich in der Regel erst nach Fehlersuche im Widerspruchsverfahren aufdecken. Dies macht es grundsätzlich erforderlich, Einblick in die für das gesamte Auswahlverfahren maßgeblichen Unterlagen des Schulamts zu nehmen.
Niemand ist gezwungen, hierfür einen Anwalt zu engagieren. Juristische Laien sind jedoch gut beraten, die Expertise eines erfahrenen Schulrechtsexperten in Anspruch zu nehmen.
Weist das Schulamt den gegen die Ablehnung erhobenen Widerspruch zurück, kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides gegen die Ablehnung Klage erhoben und - im Falle der Eilbedürftigkeit auf Grund nahenden Schuljahresbeginns bereits vor Klageerhebung - ein Eilverfahren beim Verwaltungsgericht Berlin angestrengt werden. Eilverfahren ist hier gleichbedeutend mit dem Begriff „Schulplatzklage“. Letzterer ist kein juristischer Begriff, sondern meint umgangssprachlich das Eilverfahren.
Die Einleitung einer Schulplatzklage ist möglich, solange die Aufnahme in eine erste Klasse der Grundschule bzw. die Aufnahme in die weiterführende Schule noch sinnvoll erscheint. Dies kann im Einzelfall auch noch nach Schuljahresbeginn möglich sein. Voraussetzung ist, dass die Ablehnung rechtzeitig angegriffen, also vor Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist Widerspruch eingelegt wurde.
Die Schulplatzklage sollte mit einem Antrag versehen werden, wonach die Zuweisung des gewünschten Schulplatzes im „Wege des vorläufigen Rechtsschutzes“ begehrt wird. Für die Erhebung der Schulplatzklage wie auch die Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin selbst besteht kein Anwaltszwang. Anderes gilt bei Anrufung der zweiten Instanz, dem Oberverwaltungsgericht Berlin.
Andreas Jakubietz ist Rechtsanwalt in Berlin. Er ist als Fachanwalt für Verwaltungsrecht im Bereich Bildungsrecht, insbesondere auf dem Gebiet des Schulrechts und des Hochschulzulassungsrechts tätig. Der Jurist ist Vater einer Tochter und lebt in Zehlendorf.
Seine Beiträge sind als allgemeine Information zu verstehen, die eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Im Einzelfall empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt für Schulrecht zu konsultieren.
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