Aufnahme abgelehnt: Bescheid trotz Nachrückverfahrens anfechten

11. Mär 2024

von Andreas Jakubietz
Aufnahme abgelehnt: Bescheid trotz Nachrückverfahrens anfechten

Wegen Überfüllung geschlossen? Wer an der Wunschgrundschule aus Platzmangel abgelehnt wird, sollte immer Widerspruch einlegen.

Viele Eltern nehmen an, dass die Aufnahme an der Wunschschule hauptsächlich von freien Plätzen abhängt. Dies trifft - was die Anträge bzw. Auswahlverfahren um Aufnahme in eine andere Grundschule oder Gemeinschaftsschule angeht - auch zu. Dennoch sollte gegen eine ablehnende Entscheidung des Schulamts auch im Falle einer Kapazitätserschöpfung grundsätzlich Widerspruch eingelegt werden. Dies gilt selbst dann, wenn das Schulamt ankündigt, ein Nachrückverfahren durchzuführen.

Das Nachrückverfahren:

Das Schulamt Tempelhof-Schöneberg v. Berlin vertritt die Ansicht, dass ein Widerspruch bei einer Ablehnung nicht notwendig sei, da ein Nachrückverfahren für alle abgelehnten Erstwünsche durchgeführt würde. Kinder, die aufgrund von Kapazitätsgründen abgelehnt worden seien, erhielten so die Chance auf einen freiwerdenden Platz.

Noch deutlicher wird das Schulamt Charlottenburg-Wilmersdorf sowie das Schulamt Reinickendorf v. Berlin in ihren jüngst ergangenen Ablehnungsbescheiden im Februar 2024, wonach die Einlegung eines Widerspruchs zu „keiner“ begünstigten Wirkung führe.

Warum die Einlegung eines Widerspruchs dennoch wichtig ist:

Die Ansicht des Schulamts ist nicht nur irreführend, sondern greift schlichtweg zu kurz, da sie wesentliche Gesichtspunkte außer Acht lässt:

  • Fehler im Auswahlverfahren: Auswahlverfahren können fehlerhaft und damit rechtswidrig sein, z.B. durch eine zu Unrecht erfolgte Aufnahme eines Mitbewerberkindes, etwa aufgrund einer „Scheinanmeldung“ oder infolge einer unberechtigten Aufnahme als „Kann-Kind“.

Rechtsfehler dieser Art führen nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Berlin zu einer Verkürzung der Aufnahmechancen der im regulären Aufnahmeverfahren unterlegenen Schülerinnen und Schüler.

Werden, so das Oberverwaltungsgericht Berlin, im Rahmen des Vergabeverfahrens Bewerber vorrangig an der gewünschten Grundschule aufgenommen, die die dafür geltenden Voraussetzungen nicht erfüllen, würden dadurch die Rechte abgewiesener Bewerber, die die Aufnahmevoraussetzungen erfüllen, verletzt.

Das Schulamt müsse die Rechtsverletzung durch eine zusätzliche Aufnahme derjenigen Bewerber, die die Ablehnung angefochten haben, beheben, soweit das - etwa durch Schaffung zusätzlicher Plätze - zumutbar sei.

  • Keine Berücksichtigung von Rechtsfehlern: Im Nachrückverfahren werden Rechtsfehler grundsätzlich nicht berücksichtigt.
  • Verkürzung der Rechtsschutzmöglichkeiten: Ein Widerspruch ermöglicht die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des gesamten Auswahlverfahrens und wahrt somit die Rechte der Kinder und deren Eltern auf Aufnahme an der gewünschten Grundschule.
Fazit:

Eltern solltengegen eine Ablehnung in jedem Fall Widerspruch einlegen, auch wenn ein Nachrückverfahren existiert. Anderenfalls könnten berechtigte Ansprüche auf Aufnahme in die gewünschte Grundschule unberücksichtigt bleiben.

Andreas Jakubietz ist Rechtsanwalt in Berlin. Er ist als Fachanwalt für Verwaltungsrecht im Bereich Bildungsrecht, insbesondere auf dem Gebiet des Schulrechts und des Hochschulzulassungsrechts tätig. Der Jurist ist Vater einer Tochter und lebt in Zehlendorf.

Seine Beiträge sind als allgemeine Information zu verstehen, die eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Im Einzelfall empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt für Schulrecht zu konsultieren.

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