Kein Anspruch auf Aberkennung sonderpädagogischen Förderbedarfs

11. Feb 2024

von Andreas Jakubietz
Kein Anspruch auf Aberkennung sonderpädagogischen Förderbedarfs

Eltern können einen Bescheid über die Zuerkennung von sonderpädagogischem Förderbedarf nicht mit dem Einwand angreifen, ihr Kind werde damit zum „Sonderschüler“ stigmatisiert. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

Die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung hatte für den Sohn der Kläger, einen achtjährigen Schüler der dritten Klasse einer Berliner Grundschule, sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt „Lernen“ festgestellt.

Grundlage dieser Entscheidung waren Feststellungen bei der Schuleingangsuntersuchung sowie mehrere von der Klassenlehrerin verfasste Berichte. Darin wurde erwähnt, dass der Sohn der Kläger große Probleme habe, dem Unterrichtsgeschehen zu folgen, seine Aufmerksamkeit schnell nachlasse, seine Beiträge zum Unterrichtsgespräch selten sinnvoll oder sachbezogen seien und dass seine Arbeitsweise wechselhaft sei.

Die Eltern gingen gegen den Bescheid über die Zuerkennung des Förderbedarfs gerichtlich vor.

Schulen durch Bildungs- und Erziehungsauftrag verpflichtet

Das Verwaltungsgericht Berlin wies die Klage ab. Der Staat sei grundsätzlich verpflichtet, schulische Einrichtungen bereitzuhalten, die auch Schülern wie dem Sohn der Kläger eine sachgerechte schulische Erziehung, Bildung und Ausbildung ermöglichten. Nach dem Berliner Schulgesetz hätten daher Schüler, die in ihren Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten derart beeinträchtigt sind, dass sie ohne sonderpädagogische Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden könnten, einen Anspruch auf besondere Förderung.

Die für den einzelnen Schüler als notwendig anerkannte Förderung kann sich die Schule nicht entziehen, selbst wenn seitens der Eltern des Schülers die Notwendigkeit einer individuellen Förderung in Abrede gestellt wird. Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule verpflichte die Schulen, solche Schüler durch geeignete Maßnahmen zu fördern, bei denen ein solcher Förderungsbedarf bestehe.

Eltern können - nur - zwischen Förderung an allgemeiner oder an “Förderschule“ wählen

Dem verfassungsrechtlich verbürgten Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes trage das Schulgesetz in diesem Fall dadurch Rechnung, dass es den Erziehungsberechtigten ein Wahlrecht einräume, ob die Förderung an einer allgemeinen Schule oder an einer Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt stattfinde.

Weiter gehe das Erziehungsrecht der Eltern aber nicht.

Die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs als solche sei im konkreten Fall nicht zu beanstanden. Die Feststellung der Förderbedürftigkeit des Kindes beruhe weder auf einem unrichtigen Sachverhalt noch verletze sie allgemeingültige Wertmaßstäbe oder Verfahrensvorschriften.

Andreas Jakubietz ist Rechtsanwalt in Berlin. Er ist als Fachanwalt für Verwaltungsrecht im Bereich Bildungsrecht, insbesondere auf dem Gebiet des Schulrechts und des Hochschulzulassungsrechts tätig. Der Jurist ist Vater einer Tochter und lebt in Zehlendorf.

Seine Beiträge sind als allgemeine Information zu verstehen, die eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Im Einzelfall empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt für Schulrecht zu konsultieren.

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