19. Feb 2024
Erweist sich ein Eintrag ins Klassenbuch als rechtswidrig, müssen Eltern und deren Kinder einen entsprechenden Hinweis im Schülerbogen nicht dulden. Das hat das Oberverwaltungsgericht Berlin im Dezember 2023 entschieden.
Nach der Berliner Schuldaten-Verordnung sind Unterlagen über Erziehungsmaßnahmen, die Bestandteil des Schülerbogens sind, bei einem Schulwechsel innerhalb Berlins an die aufnehmende Schule weiterzuleiten.
Ein Schüler der 6. Klasse wurde von sieben Schülern der 4. Klasse in die Toilette verfolgt und dort bedrängt. Er konnte entkommen und lief auf den Schulhof, wo einer der Viertklässler sich auf ihn warf. In dieser Situation stieß der betroffene Schüler sein Knie so fest in den Genitalbereich des Jungen aus der 4. Klasse, dass dieser im Krankenhaus ambulant behandelt und mit neun Stichen genäht werden musste.
Neben einem Eintrag ins Klassenbuch wurde ein diesem Eintrag entsprechendes Schreiben in den Schülerbogen des betroffenen Schülers folgenden Inhalts aufgenommen: „In einem Konfliktfall wurde eine körperliche Gewalthandlung an einem jüngeren Schüler ausgeübt, so dass dieser ambulant im Krankenhaus aufgenommen und ärztlich versorgt werden musste.“
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch beanspruchten die Eltern des betroffenen Schülers die Entfernung des Schreibens aus dem Schülerbogen mit der Begründung, dass ihr Kind in Notwehr gehandelt habe.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin entschied, dass der Eintrag ins Klassenbuch rechtswidrig und das Schreiben daher aus der Schülerakte zu entfernen sei.
Das Gericht argumentierte, dass das Schreiben den Sachverhalt in einer für die Bewertung des Verhaltens des Schülers bedeutsamen Weise verkürze. Der Eintrag erwecke den Eindruck, dass der betroffene Schüler grundlos eine Gewalthandlung gegen einen jüngeren Schüler ausgeübt habe. Dies führe zu einer nicht hinzunehmenden Stigmatisierung des Schülers.
Erweise sich der Eintrag ins Klassenbuch als rechtswidrig, müssten – so das Gericht – Eltern und deren Kinder den Verbleib des diesem Eintrag entsprechenden Schreibens im Schülerbogen nicht dulden. Die Schule sei daher verpflichtet, den Eintrag zu entfernen.
Dieser Anspruch kann im Wege des Widerspruchs und einer sich anschließenden Klage bzw. eines einstweiligen Anordnungsverfahrens durchgesetzt werden.
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin ist eine wichtige Entscheidung für die Rechte von Schülern. Es stärkt die Position von Schülern und Eltern insbesondere in Fällen eines beabsichtigten oder behördlich angeordneten Schulwechsels.
Andreas Jakubietz ist Rechtsanwalt in Berlin. Er ist als Fachanwalt für Verwaltungsrecht im Bereich Bildungsrecht, insbesondere auf dem Gebiet des Schulrechts und des Hochschulzulassungsrechts tätig. Der Jurist ist Vater einer Tochter und lebt in Zehlendorf.
Seine Beiträge sind als allgemeine Information zu verstehen, die eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Im Einzelfall empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt für Schulrecht zu konsultieren.
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