05. Mär 2021
Der Entwurf für ein neues Jugendmedienschutzgesetzt liegt in den letzten Zügen. Nach der Zustimmung des Bundestages sollen die Regelungen am 1. April in Kraft treten. Es gibt teils harsche Kritik.
Das Gesetz zielt auf drei Bereiche: Schutz, Orientierung und Durchsetzung
Die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien soll noch in diesem Jahr zu einer Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz umgebaut werden. Sie wird künftig die verpflichtenden Vorsorgemaßnahmen bei den Anbietern in den Blick nehmen, bei der Umsetzung beraten und Verstöße ahnden. So kann die Bundeszentrale nach einem erfolglosen „dialogischen Verfahren“ konkrete Maßnahmen anordnen und in letzter Konsequenz bei Nichtbefolgung ein Bußgeld bis zu 50 Millionen Euro verhängen.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey ist naturgemäß stolz auf das Werk ihres Hauses: „Wir bringen den Jugendschutz aus dem Zeitalter von CD-ROM und Videokassette ins 21. Jahrhundert.“
Der Leipziger Medienrechtsexperte Marc Liesching hält das
Gesetz zum Teil für einen zahnlosen Tiger:
"Die von der Bundesregierung angedachten Vorsorgemaßnahmen sind gut
gemeint, werden aber in der gesetzlichen Ausgestaltung keine praktische
Auswirkung haben: Wegen des europarechtlichen Herkunftslandprinzips gilt das
neue Jugendschutzgesetz zunächst gar nicht für Facebook, YouTube, Twitter,
Instagram und TikTok. Denn diese Anbieter haben in Europa ihren Sitz in Irland:
für sie gilt grundsätzlich irisches Recht, nicht deutsches".
Dass die Bundesfamilienministerin im Bundestag angekündigt hat, dass das neue Gesetz Kinder und Jugendliche vor Cybermobbing schützen werde, treffe im Grunde auch nicht zu, ergänzt der Professor der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur. Denn für die meisten Mobbing-Konstellationen auf großen sozialen Netzwerken gelte das so genannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Dies habe nach dem Entwurf gerade Vorrang vor dem Jugendschutzgesetz, so dass dessen Regeln auch hier von vornherein keine Anwendung finden würden.
Lieschings Fazit: Die Reform der Bundesregierung sei nur ein kleiner Schritt, der die großen Herausforderungen eines zeitgemäßen, einfachen und für Eltern und Fachkräfte nachvollziehbaren Jugendmedienschutzes nicht wirklich angehe. In vielen Bereichen werde es eher noch komplizierter. Einen effektiven Schutz für Kinder und Jugendliche gerade vor den neuen Nutzungsrisiken in sozialen Medien und Messenger-Diensten bewirke das neue Jugendschutzgesetz schon wegen des marginalen Anwendungsbereichs nicht. Hier müsse nach der Bundestagswahl – am besten gemeinsam mit den Bundesländern – eine große Reform kommen, damit Jugendschutz zeitgemäß und nachvollziehbar werde.
Kritik kommt auch vom Verband der deutschen Games-Branche. Die vorgeschlagenen Regelungen drohten ohne konkrete Auswirkungen zu bleiben, „weil sie entweder kaum im Lebensalltag von Kindern und Jugendlichen ankommen oder für Anbieter gar nicht sinnvoll umsetzbar sind“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Kompetenzen zwischen dem Bund und den Ländern würden weiterhin nicht klar aufgeteilt. Statt einer Verzahnung stünden die unterschiedlichen Gesetze mit teils unterschiedlichen Regelungen nebeneinander. „Die bereits jetzt unübersichtlichen Verfahren werden sogar noch weiter verkompliziert.“
Auch die neuen Alterseinstufungen kritisiert der Branchenverband: Die gelernten Alterskennzeichen würden überladen und drohten an Aussagekraft für Eltern zu verlieren. „Unterschiedliche Kennzeichen auf unterschiedlichen Plattformen sind die Folge. Das schafft weder die notwendige Orientierung für Eltern noch Klarheit für Anbieter.“
Infos zum Gesetzentwurf: www.bmfsfj.de/zweites-gesetz-zur-aenderung-des-jugendschutzgesetzes
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