Sachverständige für stärkere Entlastung Alleinerziehender

21. Jun 2022

Quelle: Bundestag

Alleinerziehende müssen angesichts der aktuellen Preissteigerungen stärker entlastet werden.

Darin waren sich die geladenen Sachverständigen in einer Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montag einig. Anlass der Anhörung war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/1334), in dem unter anderem gefordert wird, den 2020 auf 4.008 Euro angehobenen steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf 5.000 Euro aufzustocken und zu prüfen, ob der Entlastungsbetrag in einen Abzug von der Steuerschuld umgewandelt werden könnte. Romy Ahner vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge wies im Zusammenhang mit steuerlichen Entlastungen darauf hin, dass dabei auf etwaige unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Geldleistungen geachtet werden müsse. Mit Blick auf die von der Ampelkoalition geplante Einführung einer Kindergrundsicherung komme es darauf an, wie die Schnittstelle zum Steuerrecht und zum Unterhaltsrecht ausgestaltet wird.

Die Schnittstellenproblematik sah auch Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie. Zwar würde ein steuerlicher Abzugsbetrag steuerzahlende Alleinerziehende deutlich besser entlasten. Viele Alleinerziehende seien aufgrund ihrer Armutsbetroffenheit aber überhaupt nicht oder nur in geringem Umfang steuerpflichtig. Nöhring plädierte für die im Koalitionsvertrag vorgeschlagene Einführung einer Steuergutschrift, um geringverdienende Alleinerziehende in Form einer „negativen Einkommensteuer“ zu unterstützen. Anne Lenze von der Hochschule Darmstadt befürwortete einen höheren Entlastungsbetrag, wobei man diskutieren müsse, ob die im Unionsantrag vorgeschlagenen 5.000 Euro ausreichen.

Für Matthias Dantlgraber vom Familienbund der Katholiken muss die Umwandlung des Entlastungsbetrags in eine Steuergutschrift gut überlegt werden. Ob sie befürwortet werden könnte, hänge von ihrer Höhe ab. Laut Uwe Rauhöft vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine gibt es keine Definition, welche Belastungen der Entlastungsbetrag abgelten soll. Der Entlastungsbetrag sei ein Nachteilsausgleich für Alleinerziehende, die das steuerliche Ehegattensplitting nicht nutzen können. Er könne den Splittingvorteil der Ehepaare aber nicht kompensieren. Rauhöft machte zudem auf das Problem aufmerksam, dass der Entlastungsbetrag für ein jüngeres Kind entfällt, wenn bei einem älteren Alleinerziehenden-Kind altersbedingt das Kindergeld gestrichen wird, obwohl das ältere Kind weiterhin im Haushalt verbleibt.

Einhellig begrüßten die Sachverständigen den Vorschlag im Unionsantrag, das Kindergeld nur noch hälftig auf den Unterhaltsvorschuss anzurechnen.

Bis Ende 2007 war das Kindergeld nur zur Hälfte von der Höhe der Unterhaltsvorschussleistung abgezogen worden, seit 2008 gilt die volle Anrechnung des Kindergeldes - eine damalige „Sparmaßnahme“, die rückgängig gemacht werden sollte, so der Tenor. Regina Offer von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände unterstützte die Forderung ebenfalls, erinnerte aber zugleich an den Finanzierungskonflikt zwischen Bund und Ländern im Zusammenhang mit der Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes 2017.

Auch weitere Forderungen der Unionsfraktion, den Freibetrag für den Wohngeldbezug von Alleinerziehenden von derzeit 1.320 Euro jährlich um 20 Prozent zu erhöhen und kurzfristig den im Juni beschlossenen Kinderbonus für Alleinerziehende von 100 auf 150 Euro anzuheben, stießen auf Zustimmung. Für Daniela Jaspers vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter wäre die Anhebung des Freibetrags beim Wohngeld ein richtiger und zielgenauer Ansatz, weil sie dazu beitragen könnte, Nachteile von Alleinerziehenden auf dem Wohnungsmarkt abzumildern.

Ein höherer Kinderbonus lässt sich für Ulrike Spangenberg vom Deutschen Juristinnenbund gleichheitsrechtlich mit den besonderen inflationsbedingten Belastungen von Alleinerziehenden begründen, die im Verhältnis zum Haushaltseinkommen etwas höher seien als die von Paarfamilien. Anne Lenze von der Hochschule Darmstadt meinte, der Kinderbonus sei im Antrag etwas „nebulös“ gehalten, aber: „Geld hilft immer.“

aus "Heute im Bundestag" vom 21.6.2022

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