Corona in Pflegeheimen: Geimpft ist nicht unbedingt geschützt

13. Jun 2021

Daniela von Treuenfels
Corona in Pflegeheimen: Geimpft ist nicht unbedingt geschützt

Unschöne Nachrichten für alle, die sich auf unbeschwerte Besuche bei ihren betagten Eltern und Großeltern gefreut haben: Eine Charité-Studie belegt eine verzögerte Impfantwort bei Älteren – und rät weiter zu Vorsichtsmaßnahmen.

Für die Untersuchung arbeiteten die Wissenschaftler zunächst einen Ausbruch in einer Berliner Pflegeeinrichtung auf, der im Februar bemerkt worden war. Dabei hatten sich – neben 11 Pflegekräften ohne vollständigen Impfschutz – auch 20 Bewohnerinnen und Bewohner mit SARS-CoV-2 angesteckt. Bis auf vier von ihnen waren alle vollständig mit dem BioNTech/Pfizer-Vakzin geimpft. Während die vier Ungeimpften so schwer erkrankten, dass sie in einem Krankenhaus behandelt werden mussten, zeigte nur rund ein Drittel der Geimpften Krankheitszeichen wie Husten oder Atemnot. Durch eine Bestimmung der Virusmenge in den Abstrich-Proben stellte das Team fest, dass Geimpfte tendenziell weniger Virus im Rachen aufwiesen als Ungeimpfte. Bei ihnen wurde das Virus zudem über einen deutlich kürzeren Zeitraum nachgewiesen, im Schnitt über knapp 8 statt 31 Tage. Vier weitere geimpfte Heimbewohner steckten sich trotz Exposition während des Ausbruchs nicht mit SARS-CoV-2 an.

„Auf der einen Seite sehen wir an diesem Ausbruch, dass die Impfung die Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims insgesamt geschützt hat, denn ihre Krankheitsverläufe waren deutlich milder“, sagt Dr. Victor Corman, Stellvertretender Leiter des Konsiliarlabors für Coronaviren am Institut für Virologie der Charité. „Die kürzere Virusausscheidung hat außerdem vermutlich weitere Übertragungen verhindert. Gleichzeitig wird durch die Häufung der Infektionen klar, dass die hohe Wirksamkeit der Impfung bei alten Menschen manchmal nicht voll zum Tragen kommt.“

Einen der möglichen Gründe dafür sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darin, dass der Ausbruch von der jetzt Alpha genannten Virusvariante B.1.1.7 ausgelöst worden war, die mit einer höheren Virusmenge im Rachen und einer größeren Übertragbarkeit einhergeht. Einen zweiten Grund fanden sie in der Immunantwort der Betroffenen auf die Impfung selbst. Dazu verglich das Forschungsteam die Immunreaktion auf die BioNTech/Pfizer-Vakzine bei über 70-jährigen Patientinnen und Patienten einer Hausarztpraxis mit der von Charité-Beschäftigten, die im Schnitt 34 Jahre alt waren. Dabei zeigten Blutanalysen, dass schon drei Wochen nach der ersten Dosis etwa 87 Prozent der Jüngeren Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet hatten, unter den Älteren waren es nur rund 31 Prozent. Einen Monat nach der zweiten Dosis hatten fast alle jungen Impflinge (99 Prozent) SARS-CoV-2-spezifische Antikörper im Blut, unter den älteren waren es rund 91 Prozent. Zusätzlich reiften die Antikörper bei den Älteren langsamer, sie konnten das Virus also schlechter binden. Und auch der zweite wichtige Arm der Immunreaktion, die T-Zell-Antwort, fiel schwächer aus.

Die Forscher betonen angesichts des jetzigen Zeitpunkts, wo große Teile der Bevölkerung noch nicht immun sind, die Wichtigkeit von Hygienemaßnahmen und Testungen. Insbesondere die Impfung des pflegerischen Personals sowie der Besucherinnen und Besucher sei immens wichtig, um Ausbrüche in Pflegeheimen zu verhindern.

Quelle Presseinformation der Charité Berlin

Foto: Bestimmung von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 © Charité | Victor Corman

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