Freitags ist Büchertag bei berlin-familie. Natascha aus der Buchhandlung Schwericke in Lichterfelde stellt jede Woche ein gutes Kinderbuch vor. Sie ist eine von vier gelernten Buchhändlerinnen, die in der Moltkestraße am S-Bahnhof Botanischer Garten Bücher für den Kiez im Angebot haben.
Natascha ist praktisch mit dem Buchhandel groß geworden. Ihre Mutter hatte in Schöneberg einen Laden mit Antiquariat. Dort hat sie ihre Lehre angefangen und sie just in dem Augenblick beendet, als in Berlin eine neue Zeitrechnung begann. „Die Mauer ist quasi mit meiner Prüfung gefallen“, lacht die 50jährige.
Ihre Kinder sind heute 18 und 13 Jahre alt, und nicht zuletzt ist es ihnen zu verdanken, dass Kinder- und Jugendbücher eine Leidenschaft für die Buchhändlerin geworden sind. „Ich lese eigentlich alles außer Fantasy“, sagt Natascha. Die neue Isabel Allende, empfiehlt sie, „muss man lesen“. Zeitreisegeschichten gehören generell zu ihren Favoriten. Ihr Lieblingsbuch? „Die Kinder von Arden, ganz klar.“ Das kommt wie aus der Pistole geschossen und so, dass deutlich wird: da kommt lange nichts mehr. Der Klassiker aus dem Jahr 1908 erzählt die Geschichte von zwei Kindern, die in einem alten halb verfallenen Schloss den Hinweis auf einen vergrabenen Schatz entdecken. Die beiden reisen, gekleidet in die Gewänder der jeweiligen Epoche, durch die Zeit und erleben verschiedene Abenteuer. „Das Buch ist toll geschrieben, und ich habe ganz nebenbei viel über die englische Geschichte gelernt.“
Natascha ist eine „Berliner Pflanze“, bodenständig im besten Sinne. Ihr Chef Tobias Schwericke ist mehr als das; auf eine sympathische Weise ungeheuer zielstrebig und beständig, als hätte das Leben für ihn Gleise vorgesehen, auf denen er sich zuverlässig geradeaus und nach vorne bewegen kann. Mit 16, erzählt Tobias, hat er ein Praktikum in der Buchhandlung Schleicher in Dahlem gemacht. Nach dem Abitur ist er hier in die Lehre gegangen. Nur wenige Jahre später, mit nur 23 Jahren, hat er am Gardeschützenweg, nicht weit vom jetzigen Standort, seinen ersten eigenen Buchladen eröffnet.
Sein Lieblingsbuch? Tobias überlegt nicht lange: Ansichten eines Clowns von Heinrich Böll. „Das hat mich schon als Jugendlicher fasziniert und geprägt“, sagt Tobias. Der kritische Blick auf die Nachkriegszeit, das habe ihn sehr interessiert. Und da ist er wieder, der beständige rote Faden: Einen aktuellen Favoriten habe er nicht, „aber ich lese gerne Autoren, die politisch-gesellschaftliche Themen haben, wie zum Beispiel Robert Menasse oder Christoph Hein.“. Und die Böllschen Themen - arm und reich, gläubig und ungläubig, so und anders, sein und lassen, alte und neue Nazis - sind so aktuell wie damals.
Mit dem Umzug an den S-Bahnhof veränderte sich das Konzept des Ladens, auch weil der Kiez sich wandelt. Im Gardeschützenweg gab es auch ein kleines Café, es fanden viele Veranstaltungen statt: Jazzkonzerte, Klassikabende, Lesungen. „Wir haben bis vor ein paar Jahren noch Bollhagen-Keramik verkauft, weil die vorwiegend ältere Kundschaft das mochte“, erzählt Tobias.
Nach und nach ziehen viele Familien mit kleinen Kindern in die Gegend, Tobias hat heute selbst drei Kinder. Und die Abteilung Kinderbuch wächst mit. Hier berät Natascha ihre junge Kundschaft und deren Eltern, verstärkt durch Maren, den Neuzugang im Team. Sie ist ausgewiesene Kennerin von Jugendbüchern; Teenager auf der Suche nach spannender Lektüre finden bei ihr Rat. Auch sie ist Mutter zweier Kinder.
Last but not least: Julia ist die Älteste unter den Angestellten, und auch am längsten mit dabei. Seit Anbeginn arbeitet sie mit Tobias zusammen. Der ist glücklich über seine bunte Truppe: „Wir sind sehr verschieden mit unterschiedlichen Interessen und Kompetenzen. Deshalb finden unsere Kunden auch immer die richtige Ansprechperson.“
Info und Kontakt: www.buchhandlung-schwericke.de