Neutrale Staatsdiener: Lehrer müssen offensiv für Menschenrechte eintreten

04. Nov 2019

Daniela von Treuenfels
Neutrale Staatsdiener: Lehrer müssen offensiv für Menschenrechte eintreten

„Meldeportale“ verunsichern Lehrer, Rechtsextremisten fordern Meinungsfreiheit ein. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat jetzt eine Analyse vorgelegt, die erklärt, warum Pädagogen verpflichtet sind, Rassismus und Rechtsextremismus entgegenzutreten. Der Text versteht sich als Beitrag zur juristischen Debatte, ist aber genauso eine hilfreiche Einordnung für Schüler, Lehrer und Eltern.

"Das Neutralitätsgebot in der Bildung. Neutral gegenüber rassistischen und rechtsextremen Positionen von Parteien?" heißt die Publikation, die das Institut mit Sitz in Berlin im Oktober 2019 veröffentlicht hat. Die Analyse geht der Frage nach, ob und inwiefern es rechtlich geboten und damit auch zulässig ist, dass Lehrkräfte im Schulunterricht oder Akteure der außerschulischen Bildung rassistische und rechtsextreme Positionen von Parteien thematisieren. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie das parteipolitische Neutralitätsgebot des Staates und das Recht der Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb (Art. 21 GG) zu verstehen ist.

Hendrik Cremer zitiert neben dem Grundgesetz auch diverse internationale Vereinbarungen, die für Deutschland bindend sind: beispielsweise die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 oder die Europäische Menschenrechtskonvention von 1950. „Inhaltliche Vorgaben für den Bereich der Bildung ergeben sich insbesondere aus menschenrechtlichen Verträgen. So sind etwa im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und Rechte (uN-Sozialpakt), im Internationalen Übereinkommen gegen rassistische Diskriminierung (ICERD) und in der uN-Kinderrechtskonvention (uN-KRK) Bildungsziele verbindlich festgelegt.“

Die internationalen Regelungen sind geltendes Recht in Deutschland. Zu den Bildungszielen schulischer Bildung gehört deshalb, sagt Cremer, „nach den Schulgesetzen - wenn auch im Wortlaut unterschiedlich formuliert - die Vermittlung von Grund- und Menschenrechten und der ihnen zugrunde liegenden Werte.“

Ziel der Menschenrechtsbildung in der Schule ist zunächst die Vermittlung von Wissen über Menschenrechte, aber auch die Reflektion über die den Menschenrechten zugrunde liegenden Werte. Schüler, so der Jurist Cremer, „sind also - unter anderem – zu befähigen, rassistische und rechtsextreme Positionen als Angriff auf die gleiche Würde aller Menschen zu erkennen."

Es folgt eine Definition der Begriffe „Rassismus“ und „Rechtsextremismus“ – mit einem klaren Fazit: „Lehrer_innen haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, für die Grundprinzipien der Grund- und Menschenrechte einzutreten“ Gerade vor dem Hintergrund der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und menschenrechtlicher Verpflichtungen sei es unzulässig, aus dem Kontroversitätsgebot die Notwendigkeit abzuleiten, rassistische oder andere menschenverachtenden Positionen als gleichberechtigte legitime politische Positionen darzustellen. Positionierungen von Lehrkräften, die darauf gerichtet seien, den Schülern zu vermitteln, rassistischen Positionen nicht zu folgen, seien daher auch rechtlich geboten.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte

ist die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands. Zu den Aufgaben des Instituts gehören Politikberatung, Menschenrechtsbildung, Information und Dokumentation, anwendungsorientierte Forschung zu menschenrechtlichen Themen sowie die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen. Es wird vom Deutschen Bundestag finanziert.

Cremer, H.r. (2019). Das Neutralitätsgebot in der Bildung: Neutral gegenüber rassistischen und rechtsextremen Positionen von Parteien? (Analyse / Deutsches Institut für Menschenrechte). Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte.

https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/das-neutralitaetsgebot-in-der-bildung

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