Aufnahme in die Wunschgrundschule

20. Aug 2021

von Andreas Jakubietz
Aufnahme in die Wunschgrundschule

Einschulung in Berlin: Wer sein Kind nicht an der Einzugsgrundschule anmelden will, muss Hürden überwinden. Unser Schulrechtsexperte erklärt die Rechtslage.

Nicht selten wünschen Eltern und deren Kinder die Aufnahme in eine andere als der örtlich zuständigen Grundschule. Sei es aus Gründen eines besonderen pädagogischen oder fachlichen Angebots oder aufgrund freundschaftlicher Beziehungen zu anderen Kindern. Dies führt in vielen Fällen zu einer Übernachfrage, sodass ein Auswahlverfahren durchzuführen ist. Betroffene, die sich rechtzeitig informieren und beraten lassen, können die Erfolgsaussichten für eine Aufnahme in die gewünschte Schule hierbei deutlich verbessern.

Rechtzeitig tätig werden!

Für das Auswahlverfahren gilt der Grundsatz des „Verbots des Nachschiebens von Gründen im Widerspruchsverfahren“. Danach kann bei den Auswahlentscheidungen nur berücksichtigt werden, was dem Schulamt aus den Aufnahmeanträgen (zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung) bekannt ist. Bereits eingereichte Umschulungsanträge können somit längstens bis zum Zeitpunkt der Aufnahmeentscheidungen ergänzt werden. In der Praxis sollten Aufnahmeanträge demgegenüber nach Möglichkeit noch rechtzeitig vor der Anmeldung vollständig und umfassend begründet werden.

Wie konkret sind die Umschulungsanträge zu begründen?

Unter welchen Voraussetzungen die im Gesetz beschriebenen Auswahlkriterien als erfüllt gelten und zu einer vorrangigen Aufnahme in die gewünschte Grundschule führen können, haben die Verwaltungsgerichte geklärt.

Danach besteht ein Anspruch auf Einschulung in die Wunschschule, wenn einer der in § 55a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 Schulgesetz Berlin genannten Auswahlkriterien vorliegt, die in abgestufter Rangfolge zu berücksichtigen sind.

Letzteres bedeutet, dass vorrangig Geschwisterkinder oder solche Kinder aufzunehmen sind, die vergleichbare (geschwisterähnliche) Bindungen zu einem Kind nachweisen können, das die gewählte Grundschule (als Lernanfänger und „Einzugskind“ ! ) besuchen wird. Verbleibende freie Plätze sind nach dem Gesetzeswortlaut nachrangig an diejenigen Kinder zu vergeben, deren Erziehungsberechtigte ihren Wechselwunsch (ausdrücklich ! ) auf die Gründe (Schulprogramm) stützen und im letzten Rang an solche Kinder, deren Betreuung durch den Besuch der gewählten Grundschule erleichtert würde. Soweit sich Ansprüche gleichrangig gegenüberstehen und die Zahl der freien Plätze nicht ausreicht, entscheidet das Los.

Beeinträchtigung längerfristig gewachsener Bindungen

Hinsichtlich des Auswahlkriteriums „Beeinträchtigung längerfristig gewachsener (geschwisterähnlicher) Bindungen“ bedarf es konkreter Angaben, was die „gewachsenen Bindungen“ und „deren mögliche Beeinträchtigung“ im Einzelnen ausmacht. Es ist also darzulegen, woraus sich eine geschwisterähnliche Bindung ergeben soll; idealerweise, weil das Bezugskind im Haushalt der Erziehungsberechtigten aufgewachsen ist. Insoweit werden an die Begründung dieses Kriteriums sehr hohe Anforderungen gestellt.

Schulprogramm

Nicht selten übersehen Eltern, ihren Umschulungsantrag auf das Auswahlkriterium „Schulprogramm“ zu stützen. In diesen Fällen wird ein Antrag auf Aufnahme in die Wunschschule nur selten erfolgreich sein, da die im Schulgesetz genannten Auswahlkriterien in abgestufter Rangfolge zu berücksichtigen sind.

Wesentliche Betreuungserleichterung

Für die Anerkennung des Aufnahmekriteriums der „wesentlichen Betreuungserleichterung“ ist es erforderlich, dass im Einzelnen und glaubhaft dargestellt wird, inwieweit der Besuch der gewünschten Schule im Gegensatz zum Besuch der zuständigen Grundschule und eventuell des Schulhorts zu einer wesentlichen Erleichterung bei der Betreuung des Kindes führen würde. An das Vorliegen dieses Kriteriums werden sehr hohe Anforderungen gestellt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin stellen ein gemeinsamer Schulweg mit Freunden, der das Bringen und Holen erleichtern würde, und die Bildung von Fahrgemeinschaften im Vergleich zu den Verhältnissen an den jeweils zuständigen Grundschulen in der Regel keine wesentliche Betreuungserleichterung dar. Ein auf das Kriterium „wesentliche Betreuungserleichterung“ gestützter Umschulungsantrag wird in der Regel daher nur im Ausnahmefall Erfolg haben.

Aufnahme in Schulen besonderer pädagogischer Prägung

Die Aufnahme in eine staatliche Europa-Schule Berlin (SESB) ist in der Verordnung über die Aufnahme in Schulen besonderer pädagogischer Prägung geregelt. Danach werden für die Aufnahme in eine bilinguale Schule neben der Beherrschung der Muttersprache altersangemessene Grundkenntnisse in einer jeweiligen nichtdeutschen Sprache sowie für bilinguale Kinder Kenntnisse der Partnersprache auf muttersprachlichem Niveau und annähernd muttersprachlichem Kenntnisse der anderen Sprache verlangt. Das Vorliegen dieser Grundkenntnisse wird durch einen Sprachtest ermittelt.

Muttersprachliche Kenntnisse liegen bei Kindern vor, die im Test mindestens 80 Prozent der möglichen Punkte erreichen, annähernd muttersprachliche Kenntnisse liegen vor, wenn mindestens 60 Prozent der möglichen Punkte erreicht werden.

Die als geeignet getesteten Kinder werden entsprechend ihrer nachgewiesenen sprachlichen Kompetenz in eine dieser drei Sprachgruppen zugeordnet:

  1. muttersprachlich deutsche Kinder,
  2. Kinder, die die nichtdeutsche Sprache auf muttersprachlichem Niveau beherrschen und
  3. Kinder, die eine Partnersprache auf muttersprachlichem Niveau und die andere Sprache auf mindestens annähernd muttersprachlichem Niveau beherrschen (bilinguale Kinder).

In Abhängigkeit von der Wahl der Sprachgruppe bestehen in der Praxis nicht selten mehr oder weniger große Erfolgschancen bei der Durchsetzung des gewünschten Schulplatzes. Insoweit ist die insbesondere die Anzahl der Bewerbungen für die jeweilige Sprachgruppe maßgeblich. Die Wahl der Sprachgruppe sollte daher sorgfältig durchdacht werden.


Andreas Jakubietz ist Rechtsanwalt in Berlin. Er ist als Fachanwalt für Verwaltungsrecht im Bereich Bildungsrecht, insbesondere auf dem Gebiet des Schulrechts und des Hochschulzulassungsrechts tätig. Der Jurist ist Vater einer Tochter und lebt in Zehlendorf.

Seine Beiträge sind als allgemeine Information zu verstehen, die eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Im Einzelfall empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt für Schulrecht zu konsultieren.

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