06. Sep 2021
Unter bestimmten Voraussetzungen ist in Berlin eine Einschulung für Kinder möglich, die erst zwischen Oktober und März ihres ersten Schuljahres 6 Jahre alt werden.
Nicht selten entschließen sich Eltern, ihr Kind vorzeitig einschulen zu lassen. Sie stellen sich die Frage, ob ihr Kind bereits schulpflichtigen Kindern gleichgestellt ist.
Die Antwort lautet: Grundsätzlich ja. Und zwar immer, wenn positiv festgestellt wurde, dass kein Sprachförderbedarf besteht. Etwas anderes gilt jedoch für Staatliche Europa-Schulen Berlin (SESB) als Schulen besonderer pädagogischer Prägung.
Laut Schulgesetz Berlin werden mit Beginn eines Schuljahres (1. August) alle Kinder schulpflichtig, die das sechste Lebensjahr vollendet haben oder bis zum folgenden 30. September vollenden werden.
Auf Antrag der Erziehungsberechtigten werden Kinder, die in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. März das sechste Lebensjahr vollenden werden, zu Beginn des Schuljahres in die Schule (vorzeitig) aufgenommen, wenn kein Sprachförderbedarf besteht (sog. „Kann-Kinder“).
Der Nachweis über den Stand der Sprachentwicklung wird durch
Einreichen des Quasta-Formulars „Qualifizierte
Statuserhebung Sprachentwicklung vierjähriger Kinder in
Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege“ erbracht. Er wird von der Kita oder
der Tagespflegestelle ausgefüllt.
Die „Qualifizierte Statuserhebung“ erfolgt nicht in Form eines Tests, sondern
die einzelnen Fragen sind durch die Erzieherinnen und Erzieher „auf der Basis
der Arbeit mit dem Sprachlerntagebuch“ zu beantworten, „ohne das Kind einer
Testsituation unterziehen zu müssen“.
Für Kinder, die keine Tageseinrichtung oder Tagespflegestelle besuchen, erfolgt die Sprachstandserhebung bis zum 15. Januar in einer ihnen von der Schulaufsichtsbehörde benannten Tageseinrichtung der Jugendhilfe.
Daneben besteht die Möglichkeit, den erforderlichen Nachweis durch eine entsprechende Erklärung der „Integrierten Software Berliner Jugendhilfe“ (ISBJ) oder durch eine schulärztliche Untersuchung zu führen. Ein konkretes Verfahren, in welcher Weise das Fehlen eines Sprachförderungsbedarfs festzustellen ist, sieht das Schulgesetz nicht vor.
Anders als im Bereich der Aufnahme in eine Grundschule oder der Primarstufe der Gemeinschaftsschule können „Kann-Kinder“ in Fällen einer Übernachfrage an einer staatlichen Europa-Schule Berlin (SESB) an diesen Schulen nicht vorzeitig aufgenommen werden. Sie sind bereits schulpflichtigen Kindern nicht gleichgesellt.
Dies folgt aus § 3 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 AufnahmeVO-SbP, der eine Gleichstellung von Kann-Kindern ausdrücklich nicht vorsieht.
Dazu hat bereits das Berliner Verwaltungsgericht entschieden. Die Bestimmung stellt nach Ansicht des Gerichts keine Altersdiskriminierung dar und lässt keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes erkennen.
Es erscheint, so das Verwaltungsgericht weiter, sachgerecht,
bei einer Übernachfrage vorrangig schulpflichtige Kinder aufzunehmen, da deren
Einschulung zwingend ist.
Andreas Jakubietz ist Rechtsanwalt in Berlin. Er ist als Fachanwalt für Verwaltungsrecht im Bereich Bildungsrecht, insbesondere auf dem Gebiet des Schulrechts und des Hochschulzulassungsrechts tätig. Der Jurist ist Vater einer Tochter und lebt in Zehlendorf.
Seine Beiträge sind als allgemeine Information zu verstehen, die eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Im Einzelfall empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt für Schulrecht zu konsultieren.
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