Seewanderung: Plötzensee

20. Jan 2023

Norman Heise
Seewanderung: Plötzensee

Mit euch werd ich auch noch fertig! So liegt er da, der Plötzensee, und wartet geduldig auf die nächste Herausforderung, die die Großstadt für ihn bereithält.

Plötzensee – der Name ist Programm. Der See im Ortsteil Wedding ist benannt nach der Plötze, oder dem Rotauge, wie der Weißfisch auch genannt wird. Wegen seiner vielen feinen Gräten bei Gourmets eher unbeliebt, ist der Fisch vor allem wegen seiner Genügsamkeit und Anspruchslosigkeit der perfekte Bewohner eines Großstadtgewässers. Rotaugen kommen mit Verschmutzung klar, mit Kanälen und Hafenbecken oder mit flachem Brackwasser.

Die Plötze ist so etwas wie die Frau Sorgenfrei unter den Fischen. Ab und zu einem Hecht oder Zander aus dem Weg schwimmen, der Rest ist Wassergymnastik. Wie man Stress buchstabiert, weiß die Plötze nicht.

Die Unruhe am See begann etwa in der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Aus dem ersten Freibad (1845-1851) wurde eine bewachte Badestelle wurde eine Grünanlage mit Promenadenweg wurde eine Wiedereröffnung des Freibads mit Freitreppe und Sandstrand wurde ein Bad mit imposantem Eingangsgebäude wurden weitere Sport- und Vereinsanlagen wurde das Strandbad Plötzensee mit Familienbereich und einem Konzept für junges Publikum plus Sauna im Winter.

Aus dem Strafgefängnis Plötzensee (ab 1868) wurde eine „zentrale Hinrichtungsstätte“ wurde eine Jugendstrafanstalt wurde ein zentrales Haftkrankenhaus wurde die JVA Plötzensee. Nicht zu vergessen: die Gedenkstätte für die von den Nazis ermordeten Inhaftierten im sogenannten 3. Reich.

Aus dem Gutsbezirk Plötzensee wurde ein Naherholungsgebiet wurde ein Teil Groß-Berlins wurde zunächst ein Teil des Bezirks Charlottenburg, später (1938) Teil des Arbeiterbezirks Wedding wurde mit dem Bau der A100 ein Opfer der autogerechten Stadt wurde Teil des Bezirks Mitte.

Der kleine eiszeitlich entstandene Plötzensee ist heute umgeben von der Justizvollzugsanstalt, der Charité Mitte, dicht besiedelten Wohngebieten, einigen Friedhöfen und dem Volkspark Rehberge. Die angrenzende Seestraße wird von mehr als 70.000 Autos pro Tag genutzt.

Die zahlreichen Menschen, die hier leben und arbeiten, suchen ab und an Entspannung. Ein Spaziergang, ein Sprung ins Wasser. Vor allem die intensive Nutzung der Uferbereiche jenseits des Strandbades ist dem Bezirksamt ein Dorn im Auge.

Wie an allen anderen Berliner Seen interessiert sich für Badeverbote auch hier niemand. Im Sommer 2022 startete das Umweltamt deswegen eine besondere Kampagne. „Hai-Alarm am Plötzensee“ hieß es auf großen Bannern, im Wasser schwamm eine Flossen-Installation. Dazu kam die Errichtung eines Zaunes, der die Uferbereiche schützen soll.

Der Erfolg ist bestenfalls mäßig – sogar auf Winterspaziergänger wirkt das Ufer derart anziehend, dass sie die Sperren einfach überwinden.

Die Plötze hat sicher gelacht, als sie die „Haie“ gesehen hat. Ob ihr die Befürchtungen der Naturschützer bekannt sind? Das mögliche Umkippen des Sees, ein massenhaftes Fischsterben?

Eher nicht. Frau Sorgenfrei schwimmt sich los von dunklen Gedanken. Ein wenig neidisch auf dieses einfache Gemüt laufen wir los:

Wir wählen den Einstieg an der Straße Dohnagestell zwischen dem Volkspark Rehberge und dem Friedhof am Plötzensee. Wir starten somit am oberen Ende des nordöstlichen Ufers und laufen entgegen dem Uhrzeigersinn, laufen also am See angekommen nach rechts.

Der auffällige Zaun am Ufer hält auch bei unserer Runde Mitte Januar ein paar Menschen nicht davon ab zwischen Zaun und See zu wandeln. Was aber angenehm auffällt, sind zahlreiche Bänke auf der nordöstlichen See-Seite.

Es braucht eigentlich keine großartige Wegbeschreibung. Solange es geht, einfach auf dem Weg leicht oberhalb des Ufers bleiben. Der Weg knickt am Zaun des Strandbades nach rechts ab und führt auf die Straße Nordufer. Hier nach links wenden. Es geht vorbei an einem Sportplatz und dem Eingang zum Strandbad. Ca. 100m später den Treppen abwärts folgen zu einem Weg, der wieder zum Zaun am südlichen Seeufer führt. Am Zaun entlang geht es zum Bootsverleih und danach wieder nach links weiter am See entlang.

Nach 800m erreichen wir wieder Treppen zu der leicht erhöhten Terrasse, an der wir unsere Umrundung begonnen haben.

Die Tour zum Nachwandern unter www.komoot.de

Quellen / Leseempfehlungen

wikipedia.org/wiki/Pl%C3%B6tzensee

wikipedia.org/wiki/Rotauge

www.gedenkstaette-ploetzensee.de

wikipedia.org/wiki/Strandbad_Pl%C3%B6tzensee

strandbad.ploetzensee.de

swedding.de

berlin.bahninfo.de/a100

www.autobahnatlas-online.de/A100

www.berlin.de/umweltatlas/verkehr-laerm/verkehrsmengen/2019

www.berlin.de/haialarm-ploetzensee

Plötzensee

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Norman wandert fast jeden Sonntag um einen See herum. Meistens in Brandenburg, manchmal in Berlin, und sogar in seinen Urlauben findet er immer ein Gewässer, das sich umrunden lässt. Seine Ausflüge dokumentiert er auf seinem Blog und der Wanderplattform Komoot. Wir übernehmen die Wandertipps unserer Region und ergänzen sie mit Wissenswertem, interessanten Details oder kuriosen Geschichten, die wir im Netz finden.

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