Eine Zeitreisegeschichte: Durch mitternächtlichen Spuk lernt Evi das Leben eines Dienstmädchens im Jahr 1814 kennen. Ihre Mission: Sie muss der Tochter des Hauses helfen vor einer arrangierten Hochzeit zu fliehen. Ab 10 Jahre.
Die 13jährige Evi muss einige Tage bei ihrer Tante verbringen, weil ihre Mutter mit ihrem neuen Mann auf Hochzeitsreise fährt. Sie ist alles andere als begeistert. Auch die neue Ehe ihrer Mutter passt ihr nicht. Ihre Patentante wohnt in einer Wohnung in einem alten Herrenhaus, das zu einem Wohnhaus mit mehreren Wohneinheiten umgebaut wurde. Ihre Patentante Anna erweist sich dann auch nicht als besonders fürsorglich. Am Bahnhof erreicht Evi eine SMS, dass sie sich ein Taxi nehmen soll und den Kühlschrank in der Wohnung findet Evi dann auch leer vor. Immerhin wechseln Tante Anna und Evi dann doch noch ein paar netteWorte, bevor Evi sich in ihrem Zimmer einrichtet.
Doch um Mitternacht erlebt Evi eine Überraschung. An ihrem Fenster erscheint ihr Sophia, die im vorletzten Jahrhundert als Tochter des Hausherren in Charlbury House gelebt hat. Sie bittet Sophia um Hilfe, sie sei in dem Zimmer eingesperrt worden, weil sie dem Wunsch des Vaters nicht nachkam, eine reichen älteren Mann zu heiraten und das obwohl sie in den Gärtner verliebt war.
Panisch stürmt Evi aus dem Zimmer und findet sich im Flur wieder, der ganz anders aussieht. Evi ist durch die Zeit gereist. Sie befindet sich im Jahr 1814, kurz bevor Sophia eingesperrt wurde. Es scheint Evis Aufgabe zu sein, Sophia zu erlösen. Doch Evi ist im Jahr 1814 nur ein kleines Dienstmädchen und sie hat schwere Arbeit zu verrichten. Die ganzen Annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts wie fließendes Wasser, Toiletten, Strom gibt es noch nicht. Eine Reihe von Dienstboten ist nur damit beschäftigt, den Herrschaften des Hauses das Leben zu erleichtern. Stundenlang muss Evi das Geschirr spülen, bis ihre Hände rissig werden. Sie rutscht auf Knien durch die Räume, um den Boden zu polieren, bereitet Kamine vor, damit es die Herrschaften warm haben.
Zum Glück lernt sie Polly kennen, die die gleiche Position wie sie im Haus inne hat. Polly zeigt ihr, was zu tun ist und erklärt ihr, was Evi nicht versteht. Es gibt verschieden Arten von Personal. Die Spülmädchen, zu denen Evi und Polly gehören, sollten für die Hausherren unsichtbar sein. Evi muss es also sehr geschickt anstellen, Gehör bei Sophia zu finden. Es muss ihr gelingen, Sophia zu warnen, aber bis dahin hat sie noch viel Hausarbeit zu erledigen. Evi kann es gar nicht glauben, wie schwer die Arbeit ist, die viele Kinder verrichten.
Erschöpft und müde fällt Evi ins Bett und wacht wieder
in der Gegenwart auf. Nun ist ihr Interesse für das Haus und die
Geschichte des Hauses erwacht und sie versucht, so viel wie möglich über
das Haus und Sophia in Erfahrung zu bringen. Um Mitternacht passiert
das, was Evi erwartet hat: Sie wird erneut in das Jahr 1814
katapultiert. Sie landet wieder im harten Arbeitsalltag eines
Dienstmädchens des Herrenhauses und spürt Klassenunterschiede am eigenen
Leib und lernt zu schätzen, was es bedeutet, Lesen und Schreiben
gelernt zu haben. Ihre neue Freundin Polly schmunzelt jedes Mal, wenn
Evi visioniert, von Maschinen , die den Staub einsaugen, von Wasser, das
aus einer Leitung kommt oder von Kindern, die alle Lesen lernen dürfen.
Polly glaubt, dass Evi aus einem guten Hause kommt, und tief gefallen
ist und Evi versucht, Polly ein wenig Lesen beizubringen. Aber ihre
Mission, von der sie Polly nichts erzählen kann, verliert sie nicht aus
den Augen.
Helen Peters erzählt die Geschichte unglaublich bildhaft
und flüssig. Die Protagonisten sind gut beschrieben und viele sind
liebenswert. Verraten sei nicht zu viel, aber das Ende hält noch einen
besonderen Bonbon bereit.
Zeitreisegeschichten haben eine besondere Faszination, weil sie historisches Leben lebendig machen und den Zeitreisenden und damit auch dem Leser ermöglichen, zu vergleichen und zu reflektieren. Unsere Protagonistin nimmt viele Erkenntnisse mit in die Gegenwart und wird nie wieder die Annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts missen wollen.
Helen Peters (Text) Cornelia Panzacchi (Übersetzung)
Thienemann Verlag
978-3-522-18515-8
15,00 €
ab 10 J.
Unsere Buchtipps sind Empfehlungen der Buchhandlung Schwericke in Lichterfelde. Der Laden liegt direkt am S-Bahnhof Botanischer Garten. Natascha, im Team verantwortlich für den Bereich Kinder- und Jugendbuch, stellt an dieser Stelle regelmäßig exklusiv für berlin-familie.de eine Neuerscheinung oder einen gut abgelagerten „Mustread“ vor.
Mehr über das Team und den Laden kann man HIER nachlesen.
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